Reisebericht zum Kirchgemeindeausflug am 27. September 2025
Schön wars!
Der diesjährige Kirchgemeindeausflug begann bei kühlem Nieselregen. Doch das tat unserer Stimmung keinen Abbruch.
Den ersten Zwischenhalt legten wir im traditionsreichen Café Knaus in Oensingen ein.
Dort stärkten wir uns mit frischen Gipfeli und feinstem Kaffee.
Gegen 11 Uhr erreichten wir Bern und wurden direkt beim Casinoplatz abgesetzt. Von dort schlenderten wir die Herrengasse hinunter. Beim majestätisch aufragenden Berner Münster angekommen, erwartete uns der erste Höhepunkt: Um 11:30 Uhr durften wir einem Orgelkonzert mit Werken von Johann Sebastian Bach geniessen. Die anschliessende Führung eröffnete uns spannende Einblicke in die Geschichte, Architektur und die verborgenen Details des Münsters.
Die Geschichte des Berner Münsters ist eng verknüpft mit dem politischen und wirtschaftlichen Aufstieg der Stadt Bern, die 1191 gegründet wurde. Zunächst war Bern mit rund 5000 Einwohnern noch klein und ländlich geprägt. Doch die Stadt dehnte ihre Macht immer weiter aus. Mit der Eroberung des Aargaus 1415 wurde Bern endgültig zu einem mächtigen Stadtstaat.
Der Bau des heutigen Münsters begann 1421 und dauerte rund 150 Jahre. Zum leitenden Werkmeister berief der Rat den noch jungen, kaum 25-jährigen Matthäus Ensinger aus Ulm. Man stellte ihm ein Budget von 100’000 Gulden zur Verfügung. Diese Summe entspricht nach heutigem Massstab ungefähr 100 Millionen Schweizerfranken. Trotz dieser beachtlichen Geldsumme wäre der Münsterbau ohne weitere grosszügige finanzielle Unterstützung von wohlhabenden Patrizierfamilien und schliesslich auch durch die Unterstützung der einfachen Bevölkerung nicht umsetzbar gewesen.
Mit dem Einzug der Reformation ab 1522 änderte sich alles: unter dem Einfluss von Predigern und Zwinglis Lehre führte Bern 1528 nach einer Disputation offiziell den neuen Glauben ein. Altäre, Heiligenbilder und Reliquien wurden entfernt und teilweise komplett vernichtet. An ihre Stelle traten Kanzel, Taufstein und Abendmahlstisch.
So wurde das Münster zum Symbol des politischen Aufstiegs Berns und zugleich zum Schauplatz einer tiefgreifenden religiösen Wende.
Erst 1893 wurde dem Münster die gotische Kirchenspitze von Kirchenbauern aus Ulm aufgesetzt. Bis dahin war es nämlich «nur» rund 60m hoch. Durch diese Turmspitze wurde das Münster höher als die Kuppe des Bundeshauses. Diese Höhe war kein Zufall, sondern ein bewusst gesetztes Symbol von Macht und Geltung. So ragt das heutige Münster stolze 100,6 Meter in den Himmel und ist damit die höchste Kirche der Schweiz.
Im Münster gibt es neben der imposanten Hauptorgel von 1999 auch noch eine Schwalbennestorgel an der Südwand des Chors. Zudem steht eine «Forschungsorgel» im linken Seitenschiff.
Im Chor des Münsters befinden sich sechs grosse, farbige Kirchenfenster mit fantastischen Glasmalereien. Sie entstanden Mitte des 15. Jahrhunderts und wurden von bernischen Adelsfamilien gestiftet. Drei Fenster – Hostienmühlen-, Dreikönigs- und Wurzel-Jesse-Fenster – sind fast vollständig erhalten. Vom Passions- und Zehntausendritterfenster überdauerten weniger als die Hälfte der Scheiben; ihre Reste wurden im Mittelfenster zusammengeführt und ergänzt. Ursache der schweren Verluste waren vor allem zwei Hagelstürme Anfang des 16. Jahrhunderts, die die Südseite stärker trafen als die Nordseite. Weiter wurden wir nach draussen vor das Hauptportal geführt, wo wir die Darstellung des Weltgerichts bestaunten und ihre Bedeutung erklärt bekamen. Dieses Kunstwerk überstand grösstenteils die Zerstörungswut der Reformationszeit. Im Scheitel des äusseren Bogens thront Christus als Weltenrichter, flankiert von Maria, Johannes dem Täufer und den zwölf Aposteln. Darunter erscheinen im mittleren Bogen die Propheten, im inneren Engel mit den Marterwerkzeugen Christi. Das Tympanon zeigt das Jüngste Gericht: Erzengel Michael richtet. Zur Rechten Christi ziehen die Auserwählten in Reih und Glied zur goldenen Himmelspforte, wo sie von Engeln bekrönt werden. Im Himmel sind Gestalten des Alten Testaments und MärtyrerInnen dargestellt. Auf der anderen Seite stürzt der chaotische Zug der Verdammten ins Grauen der Hölle. Unter dem Tympanon stand vor der Reformation eine Marienfigur, die 1575 durch die göttliche Justitia ersetzt wurde. Neben den Eingängen wachen die bekannten klugen und törichten Jungfrauen.
Für die Menschen des 15. Jahrhunderts war das keine abstrakte Kunst, sondern eine Warnung und Hoffnung zugleich. Sie lebten in einer Welt voller Unsicherheiten, die von Krieg, Hunger, Pest und sozialen Unterschieden prägten war. Umso mehr beschäftigte sie die Frage: Was kommt nach dem Tod? Das Jüngste Gericht am Münstertor erinnerte sie: Das Leben hier ist vergänglich, aber es gibt ein Danach. Und dieses Danach hängt davon ab, wie man gelebt hat.
Zum Abschluss bestiegen wir den Münsterturm und legten unterwegs zwei Zwischenhalte bei den beiden Glockenstuben ein. Dort erfuhren wir von unserem Kirchenpflegepäsidenten Johannes Burger, dass das Münster über sieben Glocken verfügt. Die grösste von ihnen trägt den Namen «Hosanna in excelsis Deo» (Hosanna in der Höhe sei Gott), stammt aus dem Jahr 1611, wiegt rund 10 Tonnen und hat einen Durchmesser von 247 cm. Damit ist sie die schwerste und grösste Glocke der Schweiz. Weiter gibt es die Mittags-, Predigt-, Burger-, Armsünder-, Bet- und Silberglocke. Über die 344 Treppenstufen zuoberst angekommen, bot sich uns, begleitet von Sonnenschein, ein fantastischer Blick über die Stadt Bern: die geschwungene Aareschlaufe, die roten Ziegeldächer der Altstadt und das dahinter liegende Bergpanorama.
Nach der Münsterführung blieb Zeit für einen Rundgang durch die Berner (Alt-)Stadt. Unter den Lauben mit ihren typischen Arkaden luden zahlreiche kleine und grosse Läden zum Lädele ein.
Den feierlichen Abschluss unseres Ausfluges bildete ein köstliches Abendessen im Landgasthof Schönbühl, wo wir in heiterer Runde den Tag ausklingen liessen.
Glücklich und erfüllt von vielen schönen Eindrücken, kehren wir gegen 20 Uhr nach Hause zurück.
Vikarin Marie-Madeleine Minder