28.06.1528
Ein Berner Mandat bringt den letzten Lenzburger Widerstand gegenüber der Reformation zum Schweigen. Lenzburg ist ab diesem Datum reformiert.
1565
Lenzburg, Hendschiken und Teile von Othmarsingen trennen sich endgültig von der Pfarrei Staufen nach langen Auseinandersetzungen. Die Urpfarrei Staufen umfasste mehr oder weniger die heutigen Gemeinden Lenzburg, Niederlenz, Möriken, Othmarsingen, Hendschiken, Dottikon, Ammerswil, Staufen und Schafisheim.
1602
Fertigstellung des Kirchturms
1667/68
Fertigstellung des Kirchenschiffes als Ersatz für mehrere Kapellen auf dem Stadtgebiet
1968/69
Fertigstellung des Kirchgemeindehauses und eines Pfarrhauses
Lenzburg stand der Reformation lange kritisch gegenüber. Erst das Berner Mandat vom 28. Juni 1528 brachte die Entscheidung für die Reformation. Hierzu dürften auch die Auseinandersetzungen um die Bezahlung der Seelsorger beigetragen haben.
Die Seelsorger wurden, gemäss der Handveste aus dem 14. Jahrhundert, der Grundlage des Lenzburger Verfassungs- und Rechtslebens, von Schulthess und Rat der Stadt Lenzburg vorgeschlagen und von Schulthess und Rat des Kantons Bern bestätigt. Eine Tafel mit den Namen aller Seelsorger und Seelsorgerinnen beim Eingang der Stadtkirche hält die Namen mitsamt den dazugehörigen Daten bis heute fest.
Zwei Personen sind unter den Lenzburger Seelsorgern besonders erwähnenswert. Da ist einmal Gervasius Schuler (ca. 1495 – 1563). Er ist auf seinem wechselvollen Lebensweg fast allen grossen Geistern der Reformation persönlich begegnet: Capito, Butzer, Zwingli, Bullinger, Luther, Melanchton, Calvin, um nur die bekanntesten Namen zu erwähnen. Im Zeitalter der Gegenreformation wurde er immer wieder aus seinen Stellen vertrieben. Zu den grossen Namen der Reformation gehört er nicht, wohl aber zu den vielen der zweiten Reihe, ohne die ein derartiger Umbruch nicht durchzusetzen ist.
Die zweite Person ist Mathilde Merz (1899 – 1987). Sie war die erste Frau, die in Bern ein volles Theologiestudium absolvierte, wurde aber ungeachtet eines glänzenden Studienabschlusses in Bern nicht als Pfarrerin ordiniert. 1931 konnte Mathilde Merz in Lenzburg die Pfarrhelferstelle antreten. Die damalige Kirchenpflege vermochte sie gegen die Opposition des Aargauer Kirchenrates durchzusetzen. Sie konnte in Lenzburg alle pfarramtlichen Dienste, mit Ausnahme der Austeilung des Abendmahles, ausüben. Erst im Herbst 1955, als auch in Bern Theologinnen zur Ordination zugelassen wurden, konnte sie das Pfarramt voll ausüben. Frau Merz war in Lenzburg äusserst beliebt. Bis zu ihrem Tode wurde von der Gemeinde verlangt, dass in jedem Budget eine Summe zur Aufstockung ihrer nicht sehr umfangreichen Pension aufgenommen wurde.
Lenzburg nahm zur Zeit des Staatskirchentums in zweierlei Hinsicht eine Ausnahmestellung ein. Zum einen waren die Pfarrer oder Predikanten fast immer Ortsbürger, also Wunschkandidaten von Schulthess und Rat der Stadt Lenzburg. Und zum anderen wurden die Pfarrer auch von der Stadt Lenzburg und nicht vom Staat Bern bezahlt. Mit der Konstituierung der aargauischen reformierten Landeskirche 1866 erfolgte die finanzielle Entflechtung zwischen Staat und Kirche. Um die Finanzen der Kirchgemeinde zu verwalten wurde eine Kirchenpflege eingeführt.
Da in den Archiven vor allem materielle Entscheide festgehalten wurden, ist in ihnen fast nichts über das geistliche Leben innerhalb der Kirchgemeinde Lenzburg/Hendschiken zu finden. Vieles wurde aber von Bern vorgegeben, z.B. was und worüber gepredigt werden sollte. Und das Zusammenleben wurde in den bernischen Sittenmandaten geregelt, die regelmässig von der Kanzel zu verlesen waren. Die Protokolle der Chor- und späteren Sittengerichte zeigen, dass man bei Verstössen vergleichsweise geringe Strafen aussprach.
Dort ist ebenfalls zu lesen, dass Lenzburg die Sammlungen Berns für notleidende protestantische Gemeinden, für Flüchtlinge oder sonstige Notleidende mit erstaunlich hohen Geldbeträgen unterstützt hat. Auch bei den Auseinandersetzungen mit Täufern oder der Erweckungsbewegung ging man durchaus moderat vor.
Die Kirchgemeinde Lenzburg/Hendschiken ist mit einer langen Tradition eine durchaus offene, dem Neuen aufgeschlossene Kirchgemeinde. Es scheint, dass der paulinische Satz: ‚Alles prüfet, das Gute aber behaltet‘ auch auf Lenzburg/Hendschiken gemünzt ist.